Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 295 Bewertungen 397074x gelesen 10420x "Hilfreich" 9358x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 01.01.2020 2020-01-01| Aktualisiert am
01.01.2020
Besucht am 31.07.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 144 EUR
Mit Zweitrestaurants von Sterneköchen ist das so eine Sache. Wenn es gut läuft, kommt man für vergleichsweise kleines Geld an eine etwas einfachere Version der preisgekrönten Küche (z.B. Erfort, Steinheuer). Oder aber der Name soll Publikum locken, die Grundkonzeption wird vom Meister verantwortet, aber vor Ort liefert man doch nur aufgepeppten Mainstream.
Mal schauen, in welche Kategorie das Imperial „by Alexander Herrmann“ fällt.
Spät in Nürnberg eingetroffen war wenig Zeit für lange Fahrten, und ich suchte etwas in Bahnhofsnähe. Im angesagten Italiener C‘era Una Volta bekam man kein Bein an den Boden, aber auf der Königstraße war nach kurzer telefonischer Anfrage ein Platz im sogar „kaiserlichen“ Zweitrestaurant des hoch-telegenen Franken kein Problem. Dazu muss man wissen, dass der für sein (auch hier schon gelobtes) Gourmetrestaurant in Wirsberg inzwischen mit zwei Michelinsternen ausgezeichnete Herrmann im stattlichen Gründerzeithaus gleich zwei Küchen anbietet: Im nordischen Design des Erdgeschosses gibt es beim Selbstbedienungskonzept Fränk’ness unter dem Motto „Fränkisches trifft Streetfood“ gepimpte Burger und ausgefallene Pizza zu fränkischem Bier. Wer‘s mag. Im 1. Stock ein trendiger Lifestyle-Laden in Gold und Weiß und Holz und Bronze und einer auf den ersten Blick recht wilden Mischung aus asiatischen Crossover und regionalen Angeboten. Halt der „kosmopolitische Cool-Dining-Hotspot“ Nürnbergs. Oje - und das ist nur ein winziger Teil des Marketing-Gesülzes der Homepage! Aber wir wissen es alle: Entscheidend ist auf‘m Teller.
Vor Ort in Nürnberg kulinarisch verantwortlich ist Michael Seitz und der bekommt gleich mal ein dickes Extra-Lob. Denn am Ende des Abends setzte sich der Chef zu mir an den Tisch, erklärte die Ideen hinter den Tellern und nahm Kritik interessiert und offen, aber auch genügend selbstbewusst auf. Wir quatschten mindestens eine viertel Stunde, was ja auch immer vom Feierabend abgeht. Für das ausführliche, konstruktive Gespräch einen Extra-Punkt und damit eine leicht überdurchschnittliche Serviceleistung. Ansonsten gab es neben Licht auch einige Schatten. Sehr zu loben ist die Freundlichkeit des Teams, sei es am Telefon, bei Empfang und Begleitung in den ersten Stock oder auch bei der Wahl, ob ich an diesem heißen Sommerabend lieber drinnen oder auf der kleinen Terrasse auf einem Flachdach zwischen den Häusern sitzen wollte. Andererseits bekam ich dort trotz der späten Zeit einen schön gelegenen Tisch nur auf Nachbohren. Das bestellte Wasser wurde vergessen und auch später saß ich längere Zeit vor leeren Gläsern, bis ich genug hatte und mir den Kühler an den Tisch holte. Sonst hätte ich weiterhin recht laut auf mich aufmerksam machen müssen, denn keiner der jungen Menschen im Service suchte den Augenkontakt. Das war richtig auffällig und nervig. Nicht benötigte Gläser wurden nicht etwa ausgehoben, sondern blieben umgekehrt (Außenterrasse) auf dem Tisch stehen. Das zweite Gedeck wurde aber ausgehoben. Das schmutzige Geschirr am Nebentisch wurde während meines Aufenthaltes dafür gar nicht mehr abgeräumt, als die Gäste am späten Abend gegangen waren. Hier fehlte es meiner Meinung nach an der ordnenden Hand einer Restaurantleitung. Aber die befand sich „inkl. Amelie“ in Babypause, wie die sympathische Aufzählung des Teams am Ende der Speisekarte mit einem Zwinker-Smiley verriet.
Leider war der fröhliche Herr, der mich die meiste Zeit bediente, mit der vernünftig zusammen gestellten, aber überraschend kleinen Weinkarte nicht sonderlich vertraut, so dass seine Alternativempfehlungen zu meinen Weinwunsch nicht überzeugten. Immerhin gab es welche. (Letztlich wurde es ein 2015 Ürzinger Würzgarten Spätlese von Markus Molitor; machste eh nix mit falsch und schien mir ganz gut zu meiner eher asiatischen Auswahl zu passen. Wird gerade für über 20€ im Netz angeboten, da war ich mit den aufgerufenen 49€ zufrieden.)
Insgesamt empfand ich den Service als engagiert, aber mehr als lässig, nämlich nachlässig.
Deutlich aktiver war das Personal dabei, mir (und an anderen Tischen ebenfalls) als Aperitif Champagner anzu...bieten und auch, zusätzliche add-ons aus der ein wenig nach dem Baukastenprinzip aufgebauten Karte zu verkaufen. Hier scheint es eine deutliche Erwartung des Managements gegeben zu haben, so jedenfalls mein Eindruck. Aber unangenehm drängend wurde es auch nicht.
Ich schaute mich derweil etwas auf der von großen Ruinart-Sonnenschirmen geschützten Terrasse um. Trotz der recht heimeligen Lage mit einigen Blumen auf dem Nachbardach
und einem schmalen Blick zur Königstraße war mein Gefühl ein wenig zwiespältig. Mag an den umliegenden Fenstern gelegen haben oder am glatten hellen Steinfußboden mit dunklem, zweckmäßigem Mobiliar.
Bösartig könnte man sagen, was man halt so in Nürnberg (oder der deutschen Provinz allgemein) für kosmopolitischen Flair hält. Aber das kann ich gar nicht beurteilen und sowas schreibt der Tibeter ja auch nicht...
Richtig gemütlich fand ich es jedenfalls nicht und trendy erst recht nicht. Geschmacksache und daher neutrale drei Sterne.
Optisch ansprechend die Speisekarte, die ganz auf Alexander Herrmann setzt und in Form eines Fotoalbums Das "Fotoalbum" (aka Speisekarte)
gestaltet ist und mit vielen Bildern aus Kinder-, Jugend- und Lehrjahren aufwartet. Ein wenig Personenkult, aber eben auch etwas anderes und unterhaltsam.
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit orderte ich nur ein kleines Nachtmahl:
- Fingerfood-Starter (12€)
- 4 pochierte Austern (je 2 für 10€)
- „Peking-Ente“ mit Pfifferlingen und Melone (37€)
- 2erlei Käse (10€)
Zu den Preisen ist positiv zu bemerken, dass meine Auswahl mit Ausnahme des Hauptganges so „eigentlich“ nur als zusätzliche Gänge im Rahmen eines Menüs bepreist war. Aber überhaupt kein Problem, diese wohl kleineren Portionen auch einzeln zu bestellen. Insgesamt ein prima PLV, das bei 4,25 liegt; ich runde in noch festtäglicher Stimmung natürlich auf.
(Zeitsprung ins Jahr 2014: Hätten wir uns damals für - ich meine - Yumee entschieden, hätte es einen Schieberegler gegeben, den ich auf 85% eingestellt hätte. Aber wer weiß, ob es diese schöne Community dann überhaupt noch gäbe. Ich schau gerade Dark auf Netflix...).
Zurück ins Jetzt, ergo den Hochsommer 2019:
Den Auftakt machte, auf heißen Steinen serviert, ein kleines fluffiges Sauerteigbrot, das mir vom Teig wie vom Geschmack zu „luftig“ war. Mit der dazu gereichten Kaviarbutter geschmacklich dann ganz gut.
Das Fingerfood bestand aus drei Teilen:
Roh marinierter Saibling als Tatar und als crunchy nigiri und Tataki vom Roastbeef (Ist das nicht „doppelt gemoppelt“?) ebenfalls als Auflage für den knusprigen japanischen Reisriegel.
Das Tatar wohl nach Art der Sous-Chefin „Josy“ war leicht geflämmt, hatte Knack durch Radi, Wasabi-Schärfe und nicht zu überbordende Säure aus einem Fruchtessig-Schaum. Alles stimmig und spannend.
Die nigiri konnten leider nicht mithalten. Durch das Rind
zog sich eine unangenehme Sehne und am Gaumen war eine sehr süße Note federführend, sodass ich die Schärfe des angekündigten Ingwers um so deutlicher vermisste.
Zum Saibling waren Meerrettich-Crème und eine Sauce wohl auf Sojabasis zwar etwas erwartbar, aber natürlich stimmig.
Leider war der gepuffte Reis, der der eigentliche Clou der beiden nigiri sein sollte, nicht knusprig, sondern schlicht hart. Schwer zu kauen und dann noch klebrig in den Zähnen. Sehr schade, aber das war kein Genuss.
Weiter ging es mit den Austern.
Große Tsarkayas, schön fleischig, sanft pochiert und nicht zu fest, am Gaumen nicht zu salzig. Dazu wurde eine milde Vinaigrette erfreulicherweise im Extra-Kännchen serviert, so dass man selbst dosieren konnte.
Das war schon lecker.
Jetzt war auch ein Gläschen Champagner (Hausmarke, vermutlich Ruinart, s.o.) für 16€/0,15l genehm, der schon etwas lange offen, aber nicht wirklich zu bemängeln war. Trotzdem wurde nach meiner zurückhaltenden Reaktion eine neue Flasche geöffnet. Das war wiederum eine schöne Geste.
Der asiatisch-fränkische Hauptgang versprach so einiges: Auf der Haut kross gebratene Pekingentenbrust, süß-sauer eingelegte Pfifferlinge, Gewürzmajonäse, geflämmte Honigmelone.
Das klang doch nach einem äußerst interessanten Aromenspiel. Die kräftigen Tranchen waren rosa gebraten und die Haut war in der Tat knusprig,
soweit sehr gut. Leider keine asiatische Gewürzwelt, die auch die Majo nicht wirklich beisteuern konnte. Gut dagegen die kräftige Röstnote der Melone, die ich eher für eine Charentais hielt. Ein Totalausfall dagegen die Pilze. Eine süß-saure Note war kaum auszumachen. Zudem waren die Schwammerl höchstens lauwarm beim Servieren und kühlten schnell aus.
Gemessen an den Erwartungen war der Teller zwar nicht enttäuschend, aber doch unter den Möglichkeiten.
Zum Abschluss gab es (nicht völlig überraschend) statt Dessert verarbeiteten Käse: Alter Oberfälzer, ein Hartkäse, als Schaum, krosser Chip und Natur mit altem Balsamico. Abwechslungsreich und kräftig - ein guter Käsegang. Der Ziegenfrischkäse blieb auch mit Thymian und Himbeer-Texturen etwas blass. Trotzdem ein versöhnlicher Abschluss, den ich jederzeit wieder bestellen würde.
Leider war über der Frankenmetropole endgültig die Dunkelheit herein gebrochen und das einsame Windlicht auf dem Tisch ermöglichte noch so gerade eine risikofreie Nahrungsaufnahme. Aber beileibe keine vorzeigbaren Fotos mehr.
Bleibt das Fazit:
Das Imperial bietet durchaus engagierte Küche mit aktuell trendigem Asia-Twist. Also keine Schaumschlägerei, die sich nur auf den bekannten Namen verlässt. Die vollmundigen Ankündigungen der Homepage werden aber deutlich gerissen. Dazu agierte auch die Küche bei meinem Besuch mit zu vielen vermeidbaren Nachlässigkeiten. Daran sollten Alexander Herrmann und Michael Seitz arbeiten, denn Nürnberg hat gleich eine ganze Reihe von anspruchsvollen Restaurants, die noch deutlich die Nase vorn haben.
Mit Zweitrestaurants von Sterneköchen ist das so eine Sache. Wenn es gut läuft, kommt man für vergleichsweise kleines Geld an eine etwas einfachere Version der preisgekrönten Küche (z.B. Erfort, Steinheuer). Oder aber der Name soll Publikum locken, die Grundkonzeption wird vom Meister verantwortet, aber vor Ort liefert man doch nur aufgepeppten Mainstream.
Mal schauen, in welche Kategorie das Imperial „by Alexander Herrmann“ fällt.
Spät in Nürnberg eingetroffen war wenig Zeit für lange Fahrten, und ich suchte etwas in Bahnhofsnähe. Im angesagten... mehr lesen
Restaurant Imperial by Alexander Herrmann
Restaurant Imperial by Alexander Herrmann€-€€€Restaurant, Gourmet091124029955Königstraße 70, 90402 Nürnberg
3.5 stars -
"Der eigene Anspruch sei die Messlatte..." DerBorgfelderMit Zweitrestaurants von Sterneköchen ist das so eine Sache. Wenn es gut läuft, kommt man für vergleichsweise kleines Geld an eine etwas einfachere Version der preisgekrönten Küche (z.B. Erfort, Steinheuer). Oder aber der Name soll Publikum locken, die Grundkonzeption wird vom Meister verantwortet, aber vor Ort liefert man doch nur aufgepeppten Mainstream.
Mal schauen, in welche Kategorie das Imperial „by Alexander Herrmann“ fällt.
Spät in Nürnberg eingetroffen war wenig Zeit für lange Fahrten, und ich suchte etwas in Bahnhofsnähe. Im angesagten
Ab Januar 2020 gibt es im Berliner Sternerestaurant grundsätzlich kein veganes Menü mehr. Das Restaurant erläutert die Entscheidung auf der Homepage - wie ich finde - sehr respektvoll und nachvollziehbar. Der Eintrag endet mit einer Empfehlung „um die Ecke“ für Veganer. Lesenswert.
Ab Januar 2020 gibt es im Berliner Sternerestaurant grundsätzlich kein veganes Menü mehr. Das Restaurant erläutert die Entscheidung auf der Homepage - wie ich finde - sehr respektvoll und nachvollziehbar. Der Eintrag endet mit einer Empfehlung „um die Ecke“ für Veganer. Lesenswert.
Restaurant Nobelhart & Schmutzig
Restaurant Nobelhart & Schmutzig €-€€€Sternerestaurant03025940610Friedrichstr. 218, 10969 Berlin
stars -
"Nobelhart&Schmutzig verzichtet auf veganes Menü" DerBorgfelderAb Januar 2020 gibt es im Berliner Sternerestaurant grundsätzlich kein veganes Menü mehr. Das Restaurant erläutert die Entscheidung auf der Homepage - wie ich finde - sehr respektvoll und nachvollziehbar. Der Eintrag endet mit einer Empfehlung „um die Ecke“ für Veganer. Lesenswert.
Aushang: „Wegen Bauarbeiten (an der Belüftungsanlage) seit 1.9.2019 geschlossen.“ Inzwischen hörte ich allerdings schon, dass die Handwerkskammer neue Pächter suche. Warten wir also ab, ob, wann und durch wen eine Wiedereröffnung erfolgt.
Aushang: „Wegen Bauarbeiten (an der Belüftungsanlage) seit 1.9.2019 geschlossen.“ Inzwischen hörte ich allerdings schon, dass die Handwerkskammer neue Pächter suche. Warten wir also ab, ob, wann und durch wen eine Wiedereröffnung erfolgt.
La Plaza
La Plaza€-€€€Restaurant0421 16381580Ansgaritorstraße 24, 28195 Bremen
stars -
"Todeskuss?" DerBorgfelderAushang: „Wegen Bauarbeiten (an der Belüftungsanlage) seit 1.9.2019 geschlossen.“ Inzwischen hörte ich allerdings schon, dass die Handwerkskammer neue Pächter suche. Warten wir also ab, ob, wann und durch wen eine Wiedereröffnung erfolgt.
Der Lammershof hat einen neuen Küchef. Anfang November hat der frühere Küchenchef Marcus Noack, der zuvor Küchenchef bei Johann Lafer war, die Verantwortung für die Küche übernommen. Sein Vorgänger, Joachim Jaud, hat sich nach Angaben des Lamerhofs Ende Oktober in seine Tiroler Heimat verabschiedet. Joachim Jaud war Anfang 2019 aus dem OPUS V nach Birkenau gekommen.
(Quelle: restaurant-ranglisten.de)
Der Lammershof hat einen neuen Küchef. Anfang November hat der frühere Küchenchef Marcus Noack, der zuvor Küchenchef bei Johann Lafer war, die Verantwortung für die Küche übernommen. Sein Vorgänger, Joachim Jaud, hat sich nach Angaben des Lamerhofs Ende Oktober in seine Tiroler Heimat verabschiedet. Joachim Jaud war Anfang 2019 aus dem OPUS V nach Birkenau gekommen.
(Quelle: restaurant-ranglisten.de)
Stuben · Landhotel Lammershof
Stuben · Landhotel Lammershof€-€€€Restaurant06201845030Abtsteinacher Str. 2, 69488 Birkenau
stars -
"Marcus Noack übernimmt im Lammershof" DerBorgfelderDer Lammershof hat einen neuen Küchef. Anfang November hat der frühere Küchenchef Marcus Noack, der zuvor Küchenchef bei Johann Lafer war, die Verantwortung für die Küche übernommen. Sein Vorgänger, Joachim Jaud, hat sich nach Angaben des Lamerhofs Ende Oktober in seine Tiroler Heimat verabschiedet. Joachim Jaud war Anfang 2019 aus dem OPUS V nach Birkenau gekommen.
(Quelle: restaurant-ranglisten.de)
Geschrieben am 03.11.2019 2019-11-03| Aktualisiert am
03.11.2019
Besucht am 28.03.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 196 EUR
Nach gutem Beginn (Alte Meister) und sehr guter Fortsetzung (Altes Zollhaus) war ich gespannt, ob der dritte Schlemmer-Abend in Folge noch eine Steigerung bringen würde.
Nach der Papierform standen die Chancen gut, denn das Horvàrth gehört mit zwei Michelin-Sternen seit 2016, 18 Punkten und weiteren Hoch- und Höchstauszeichnungen zur Spitzengruppe der Hauptstadt.
Chef Sebastian Frank, der das Restaurant inzwischen mit seiner Lebensgefährtin Jeannine Keßler auch betreibt, ist gebürtiger Österreicher und diese Wurzeln darf man der Küche durchaus auch anmerken.
Die elektronische Reservierung war unproblematisch und die telefonische Nachfrage sympathisch. Also machte ich mich gut gelaunt nach Kreuzberg auf. Das Paul-Lincke-Ufer hat sich in den letzten Jahren zu einem Gastro-Hotspot entwickelt. Entlang des Landwehrkanals, aber auch in Hinterhöfen findet man nicht nur höchst unterschiedliche Küchen, sondern auch noch verschiedene Preisniveaus.
Im Horvàrth hat man sich dem aktuellen, eher kühlen Gastrodesign mit ausgefeilten Lichtkonzepten überwiegend verweigert. Stattdessen erinnert viel helles Eichenholz besonders im vorderen Teil des recht tiefen Raumes an eine zünftige Gastwirtschaft.
Aber ohne Geweih, soweit ich sehen konnte. Für Behaglichkeit sorgen eine kleine Blumendeko und eine brennende Kerze auf jedem Tisch. Hell abgetönte Wände und Lichtspots sind aber schon von hinreichend Modernität. Dass hier das feine Dinieren „casual“ zugehen soll, bezeugen die recht übersichtlich eingedeckten Tische.
Das Besteck harrte in einem Kistchen auf dem Tisch der Selbstbedienung. Etwas aus dem sonstigen Rahmen die cremefarbenen Hochlehner, in den ich mal wieder (gefühlt) bis auf Tischkanten-Niveau versank. Natürlich bekam ich auf Nachfrage ein Kissen. „Natürlich“ deshalb, weil schon die Begrüßung durch meine Gastgeberin so freundlich, herzlich und offen ausfiel, dass ich mich vom ersten Moment an als gern gesehener Gast gefühlt habe. Der weitere Kollege im Service war vom gleichen Schlage, auch wenn er mein Lob mit einem Hinweis, er könne nicht anders, er sei eben Italiener abwehrte. Da hab ich aber schon andere Italiener erlebt...
Auch der Wechsel vom vorgesehenen Tisch an einen Fensterplatz und damit ins schnell schwindende Tageslicht für ein paar Fotos war kein Problem. Später wurde es bei Kerzenschein und überwiegend indirektem Licht recht schummrig; man merkt es den Bildern der letzten Gänge leider an.
Hier im vorderen Teil wurden bei leicht melancholischer Musik dann auch die anderen Gäste des Abends platziert, 5 Paare und ein weiterer einzelner Herr. Ob diese Ballung trotz des ansonsten leeren Lokals den kurzen Wegen fürs Personal geschuldet war oder die Kommunikation zwischen den Speisenden ankurbeln sollte, blieb offen.
Unangenehm war das nicht, die Gespräche an den Nebentischen waren nicht störend. Zumal etwas Konzentration auf das Essen den Genuss desselben erhöhte.
Seine Küche wird von Sebastian Frank als „emanzipatorisch“ bezeichnet. Das könnte hier wohl das Gegenteil von elitär sein, stellt aber vor allem heraus, dass alle Komponenten gleichberechtigt sind, es also keine Beilagen im üblichen Sinne gibt. Dadurch bekommen Gemüse eine höhere Bedeutung, auch wenn das Horvàth kein rein vegetarisches Restaurant ist.
Franks Philosophie führt zu visuell unspektakulären Tellern und Näpfen, bei denen nicht einzelne Produkte im Mittelpunkt stehen, sondern das geschmackliche Gesamtbild.
Es wurden ausschließlich zwei Menüs angeboten, 6 oder 8 Gänge (120/140€). In der aktuellen Karte sind die Gänge um jeweils einen reduziert, die Preise im Verhältnis leicht angehoben. Ich entschied mich für die kleine Auswahl und bat der Fastenzeit wegen um Verzicht auf Fleisch. Der Service bedauerte mich sogleich, denn so entging mir der Genuss des Blunzenbrotes. Typisch für die Gastfreundschaft hier wurde mir aber angeboten, das Brot mitzunehmen und für die Zeit ab Ostern einzufrieren! Auch Alkohol war noch ein No-Go. Aber natürlich wird im Horvàth eine überzeugende promillefreie Begleitung angeboten, die 10€ pro Glas kostete. Kein finanzieller Unterschied zur Weinreise übrigens, was mit der arbeitsintensiven Herstellung der meisten Getränke im eigenen Hause erklärt wurde.
Ausnahme der Aperitif: Alkoholfreier Secco von Lagen(!)-Traubensaft, in diesem Fall sortenreiner Silvaner, der für mich ein absolut typisches Bukett hatte und auch deutliche Säure mitbrachte. Ein Hoch auf das Pfälzer Weingut Möckli aus Nußdorf bei Landau und gleich noch ein zweites Gläschen (summa 16€).
Besteck nimmt man sich selbst aus einem kleinen Holzkästchen, aber für den ersten Küchengruß war der doppelwandige Plexiglasbecher vorgesehen, in den ein dampfend heißer Zwiebelsud mit Noten von Liebstöckel und Selleriesamen eingegossen wurde. 4 Stunden gezogen, offenbarte sich auf der Zunge ein ungemein tiefes Spiel von Süße und Würzigkeit, das noch lange am Gaumen präsent blieb. Auch, wenn ich nur ein knappes Stündchen Fußmarsch durch Kreuzberg hinter mir hatte, wurde sofort das Bild einer wärmenden Brühe auf der Hütte nach langer Wanderung durch die Kälte lebendig.
Mit dem Amuse kam auch das erste der inzwischen häufiger anzutreffenden Kärtchen, die für die detailverliebten unter uns Chronisten so überaus hilfreich sind.
Es folgte eine Brotauswahl, leider ja ohne die kräftige Blutwurst-Variante.
Das Roggensauerteigbrot mit Kümmel war ein guter Vertreter, aber verfallen war ich ab dem ersten Bissen den knusprig-fluffigen Langos, die mit feinem Knoblauch-Salz bedeckt waren. Ich konnte nicht anders, später am Abend musste ich erfolgreich um weitere Exemplare bitten, die die Küche natürlich frisch ausbuk.
Salzbutter mit alpenländischer Edelweißprägung und ein Kartoffelstampf mit Paprika waren rustikale Begleiter, aber eben auf ganz hohem geschmacklichen Niveau.
Als weiteres Amuse bouche wurden Chips von Linda-Kartoffeln mit einer süffigen Knoblauch-Crème serviert.
Darüber Raspel von in der Salzkruste intensiv gedörrtem Sellerie.
Das war einerseits zupackend salzig, ohne jemals ins Bittere abzukippen. Andererseits blitzte immer wieder die unfassbar prägnante Kartoffel im Wechsel mit dem erdig-süßen Selleriearoma auf. Ich hab ja nun wahrlich kein Problem mit Luxusprodukten, aber diese vermeintlichen Allerweltszutaten versetzten mich ins Verzücken.
Der erste Gang begann mit einem österreichischen Butterstriezl!
Dieser, gedacht für alle Gäste, wurde an meinem Tisch für den Abend angeschnitten und bescherte mir so eine himmlisch duftende, noch warme Scheibe, die statt einer Brioche die schmelzende, aus Kräuterseitlingen gewonnene Faux gras begleitete. Für Kontrast sorgte Apfelbalsam-Reduktion von David Gölles. Ich war noch so von meinem Brot und der dazu gereichten Marillenkernöl-Butter begeistert, dass ich doch tatsächlich ein Foto dieser „Pilzleber“ vergaß...
Im Glas erdiger gelbe Bete Saft mit etwas Kürbiskernöl.
Der nächste Gang hieß mit allem Understatement nur Gemischter Salat.
Brutal frische rohe Gemüse - Mairübchen, Radieschen, grüner Spargel - feine Streifen von Blattsalaten und Kräuter in einem angegossenen Gemüsesud mit Erdbeerkern-Öl, von dem ein verführerischer fruchtiger Frühlingsduft ausging. Zitronenzesten setzten frische Akzente, während Röstgewürze und die Basis der Räucherfisch-Crème zurückhaltend blieben. Super ausgewogene Variante und schwer beeindruckend, denn die knackig frische Textur blieb auch noch beim vierzigsten Kauen erhalten.
Das alkoholfreie Pairing, es dürfte die Petersilienwurzelmilch gewesen sein, war sehr dickflüssig, fast wie ein Dressing. Mir Schien das Getränk zu süß und auch zu mächtig zu dem Frische-Turbo auf dem Teller.
Nach diesem Wimmelbild stand der nächste Teller für fast schon puristische Reduktion.
Eine ausgezeichnet gegrillte Tranche Lachsforelle, die in der Nase wie am Gaumen gleichermaßen beeindruckte. Ein großes Stück Rhabarber als „salziges Kompott“ angekündigt und eine Nocke Haselnuss-Anchovis-Paste mit ganz authentischem Fischgeschmack (im positivsten Sinne!) verloren sich ein klein wenig auf dem Teller. Erst, als eine Mole nach Art des Hauses, nämlich Röstgemüsereduktion mit dunkler Schokolade angegossen wurde, ergab sich zunächst optisch ein harmonischeres Bild. Geschmacklich war hier mit wenigen Mitspielern einiges los, denn die fruchtige Säure des Rhabarbers konterte die erdige Süße der Mole. Der zarte, mittelfeste Fisch band diese Gegenspieler immer wieder ein.
Wahres Highlight war indes der begleitende Radicchiosaft mit Mandel-Zitronenöl, der von außen an Grapefruit erinnerte, aber am Gaumen viel mehr konnte: Säure, Bitternoten, Süße, Komplexität, die ich einem Gemüsesaft zuvor kaum zugesprochen hätte.
Und gleichzeitig Grund für eine überraschende Kritik. So phantastisch die Begleitung war, machte sie gleichzeitig den Rhabarber auf dem Teller völlig überflüssig!
Auf dem nächsten Teller variierte die Küche gekonnt Sellerie.
Gebacken, sich erst süßlich, dann salzig entfaltend, als Saat, mariniert mit Leindotteröl und mit Apfel zu einer frischen Sauce verarbeitet. Das korrespondierte mit einer nicht nur optisch, sondern auch vom nussigen Mundgefühl an Nutella erinnernden Crème, die sich als Kürbiskernöl-Vanille-Paste entpuppte. Das war schon herausfordernd, zumal die marinierten Scheiben noch arg fest zu kauen und mir daher zu grobschlächtig waren.
Der Selleriegang und die Pilzleber des Menüauftaktes werden in der Karte übrigens als „Siganture-Gerichte“ (Originalschreibweise) von Sebastian Frank heraus gehoben...
Das folgende Gericht kam ohne die kleine Gedächtnisstütze daher. Vielleicht, weil das Juvenilferkel durch eine buttrig braun gebratene Scheibe ersetzt wurde, die in der Konsistenz zwischen Toast und Polenta angesiedelt war und geschmacklich recht brav blieb.
Lauchgemüse und Pilzwürfel bekamen durch die etwas repetitive Röstgemüse-Reduktion Kraft. Großartig dagegen der auf einem Probierlöffel separat angebotene geeiste Pusztasalat von grünen Tomaten und Chili. Beides hätte sicher besser zum Schwein gepasst, die rein vegetarische Variante überzeugte nicht vollends.
Phänomenal erneut die alkoholfreie Begleitung. Molke mit Kren, Honig und Leindotteröl passte zu den kräftigen und scharfen Aromen großartig.
Der letzte Gang schloss den Bogen zur Kartoffel des Amuse.
Hier jedoch gekochte Bamberger Hörnchen mit geräuchertem Essig-Kohlrabi, der für den Biss sorgte und eine angenehme Säure mitbrachte. Für harmonisierende Einbindung sorgte eine Sauce aus saurem Rahm und Kümmel, zu Kartoffeln beides Klassiker. Das Pulver von getrockneten Steinpilzen für meinen Geschmack indes zu schwach.
Auch hier überzeugte das Pairing. Saft von Granny Smith und von Gala, geklärt auf 80 Grad wurde mit einem Nussholzhydrolat bestäubt, das den Geruch alter Holzmöbel verbreitete, aber doch verblüffend gut in die Aromenwelt des Tellers passte und mich in eine Holzhütte am See versetzte.
Der Verzicht auf Dessert fällt mir beim Fasten stets am leichtesten. Aber beim kleinen Rausschmeißer war es mit der Selbstdisziplin vorbei, zumal es natürlich auch hier nicht nur süß zu ging: Weiße Schokolade mit Petersilien-Öl und kandierten Kürbiskernen in einer essbaren Gaze beeindruckte mit kräuterigen Nuancen und feinem Crunch.
Ein kulinarisch nicht ganz einfacher Abend, der sicherlich kein alpenländisches Soulfood im landläufigen Sinne brachte. Hier wurde eine konzentrierte Rückbesinnung auf Produkte der bäuerlichen Küche geboten, die mehrfach einen Aha-Effekt auslösten: Ja, so MUSS das also schmecken! Dabei nicht plump oder anstrengend, sondern immer harmonisch.
Spannend und im besten Sinne zum Nach-Denken. Und für die Seelenwärme ist der super Service zuständig.
Nach gutem Beginn (Alte Meister) und sehr guter Fortsetzung (Altes Zollhaus) war ich gespannt, ob der dritte Schlemmer-Abend in Folge noch eine Steigerung bringen würde.
Nach der Papierform standen die Chancen gut, denn das Horvàrth gehört mit zwei Michelin-Sternen seit 2016, 18 Punkten und weiteren Hoch- und Höchstauszeichnungen zur Spitzengruppe der Hauptstadt.
Chef Sebastian Frank, der das Restaurant inzwischen mit seiner Lebensgefährtin Jeannine Keßler auch betreibt, ist gebürtiger Österreicher und diese Wurzeln darf man der Küche durchaus auch anmerken.
Die elektronische Reservierung... mehr lesen
Restaurant Horváth | Emanzipierte Gemüseküche
Restaurant Horváth | Emanzipierte Gemüseküche €-€€€Sternerestaurant, Gourmet03061289992Paul-Lincke-Ufer 44a, 10999 Berlin
4.5 stars -
"Konzentration auf das vermeintlich Einfache" DerBorgfelderNach gutem Beginn (Alte Meister) und sehr guter Fortsetzung (Altes Zollhaus) war ich gespannt, ob der dritte Schlemmer-Abend in Folge noch eine Steigerung bringen würde.
Nach der Papierform standen die Chancen gut, denn das Horvàrth gehört mit zwei Michelin-Sternen seit 2016, 18 Punkten und weiteren Hoch- und Höchstauszeichnungen zur Spitzengruppe der Hauptstadt.
Chef Sebastian Frank, der das Restaurant inzwischen mit seiner Lebensgefährtin Jeannine Keßler auch betreibt, ist gebürtiger Österreicher und diese Wurzeln darf man der Küche durchaus auch anmerken.
Die elektronische Reservierung
Geschrieben am 01.11.2019 2019-11-01| Aktualisiert am
01.11.2019
„Der Unter-Pächter hat sich nach 7 Monaten aus dem Staub gemacht und einen Haufen offener Zahlungen bei Finanzamt, Mitarbeitern und Geschäftspartnern hinterlassen!“, so die Pächterin lt. Weser-Kurier. Die rechtliche und finanzielle Lage müsse jetzt erst geprüft werden, bevor es vielleicht schon im Dezember weiter gehen könne.
Na, schaun mer mal...
„Der Unter-Pächter hat sich nach 7 Monaten aus dem Staub gemacht und einen Haufen offener Zahlungen bei Finanzamt, Mitarbeitern und Geschäftspartnern hinterlassen!“, so die Pächterin lt. Weser-Kurier. Die rechtliche und finanzielle Lage müsse jetzt erst geprüft werden, bevor es vielleicht schon im Dezember weiter gehen könne.
Na, schaun mer mal...
stars -
"Vorübergehend geschlossen" DerBorgfelder„Der Unter-Pächter hat sich nach 7 Monaten aus dem Staub gemacht und einen Haufen offener Zahlungen bei Finanzamt, Mitarbeitern und Geschäftspartnern hinterlassen!“, so die Pächterin lt. Weser-Kurier. Die rechtliche und finanzielle Lage müsse jetzt erst geprüft werden, bevor es vielleicht schon im Dezember weiter gehen könne.
Na, schaun mer mal...
stars -
"Rach&Ritchy schließt Ende des Jahres" DerBorgfelderGrund laut Christian Rach: Keine geeigneten Mitarbeiter mehr zu finden!
Quelle: www.rollingpin.de
Geschrieben am 19.10.2019 2019-10-19| Aktualisiert am
19.10.2019
Besucht am 27.03.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Herbert Beltle, ein weiteres Urgestein der Berliner Gastronomie zieht sich nach und nach aus dem Geschäft zurück. Die Rotisserie Weingrün betreibt er noch, aber das Aigner am Gendarmenmarkt ist bereits geschlossen. Das Alte Zollhaus wird zum Jahresende an die RUTZ Masterminds Schmidt und Müller übergeben, die schon für nächstes Jahr ein neues Konzept angekündigt haben.
Da bin ich froh, dass ich im März noch einmal am Landwehrkanal vorbei geschaut hatte, denn Ermüdungserscheinungen konnte ich ganz und gar nicht ausmachen.
Als ich um Punkt 18.00 Uhr auf mein Klingeln
eingelassen wurde, begrüßte mich ein junger Mann mit gewohnter Berliner Direktheit. Naja, es ist ja nicht böse gemeint und so konnte ich mir unter einigen wenigen, nicht reservierten Tischen einen schönen in der Ecke aussuchen. Besten Blick auf den Kachelofen
und durch den schönen langgezogenen Raum, in dem die lange Tafel in der Mitte verschwunden ist. Besonders abgesehen hatte ich aber auf die vielen dicken Kissen
die mir auch auf der Holzbank einen sehr bequemen Aufenthalt ermöglichten. Das Publikum war gemischt, Paare mit und ohne Kind, eine kleine Familiengesellschaft, insgesamt angenehm, auch wenn trotz leiser Popsongs in loungigen Arrangements die Gespräche aus allen Ecken überraschend laut vernehmbar waren. Ich tippe auf den Fliesenboden. Aber nach dem Layla sowieso nur ein Säuseln. Der ausgebildete Ober blieb in der Ansprache unkompliziert, verrichtete seinen Job aber fachlich ohne jeden Tadel. Auch die Restaurantleiterin schaute ab und an bei mir vorbei und fragte nach der Zufriedenheit. Wünsche blieben nicht offen, angenehm und professionell.
Positiv die zumindest kosmetische Aufwertung der Toiletten durch einen neue Waschtisch, eine „vintage“ Kommode und Kerzenlicht im Vorraum.
Schon im Vorraum vorbei am großen eichenen Garderobenschrank wusste ich, dass mein stetes Käseverlangen an diesem Abend verlässlich und gut temperiert gestillt würde.
Aber noch stand ich ja Anfang, zu dem hier im Landhaus traditionell ein spitzenmäßiges Sauerteigmischbrot und ein auch sehr gutes, fluffiges Hefebrot
mit aufgeschlagener Butter in angenehmer Zimmertemperatur gereicht wurden. Mit dem warmen Brot einfach herrlich. Sonst kein Gruß, was leicht zu verschmerzen war.
Ich „tröstete“ mich mit dem bekannt guten alkoholfreien Traubensecco mit einem Spritzer Zitrone (5€); später gab es Quittensaft mit etwas Zitroneno-Soda (4€).
Die Karte war von Kopf bis Fuß auf Frühling eingestellt. Salat von frischem Spinat mit Ziegenkäse, Bärlauchsüppchen mit Flußkrebs-Knödel, Wildkräuter-Risotto (als Zwischengericht) und gebratenes Bachsaiblings-Filet hießen die Hits von heute. Und dann sollte es mich ja noch Käse regnen, in der Version vom Ander‘l Bauer.
Als 5-Gang Bankettmenü wurden dafür 59€ fällig, da sind 5 Sterne beim PLV verdient.
Der Salat war wie alles handwerklich tadellos gemacht und überzeugte mit guten Produkten.
Knackfrische Blattsalate, darunter der angekündigte Spinat waren geschmacklich gut erkennbar auf einem Bett von cremigem Ziegenkäse angerichtet, begleitet von Kürbiskernen und angemacht mit Kürbisöl. (Die roten Halbkugeln kamen mir verdächtig vor; ich ließ sie unbeachtet.)
You get what you see. Was bei diesem frischen, gut gemachten Auftakt überhaupt kein Manko war.
Die geradlinige Landhausküche wurde mit einer aufgeschäumten, intensiv grünen Suppe fortgesetzt.
Der Bärlauchgeschmack war perfekt heraus gearbeitet, ohne penetrant zu werden. Kräftig abgeschmeckt, aber nicht überwürzt. Das ist Frühlingsgeschmack. Beim beherzten Löffelschwung (der Service gab einen Tip) offenbarte sich am Boden des Tellers ein wunderbar buttriges Kartoffelpüree, das zu einer süffigen Bindung führte. Genauso begeisterte der frittierte Knödel von Flusskrebswürfeln mit super feinem Knusper.
Kannste nicht besser machen.
Das vegetarische Kräuterrisotto hielt oder besser lief da vorbildlich mit.
Die nicht verkochten Körner wurden von frischem Gemüse begleitet. Romanesco, wilder Brokkoli und Karotten à point gegart, waren alle stark. Geschmacklich blitzten immer wieder Kräuter auf, besonders Estragon, der Frühlingsbote gefiel mir sehr. Dazu gaben die fruchtig-süß-säuerlichen Noten des Balsamessig einen leichten Kick. Gegen die geschmolzene Tomate hatte ich nichts einzuwenden. Das Parmesan-Netz war für etwas Crunch zuständig und überdies hübsch anzuschauen.
Im Hauptgang war der Saibling auf der Haut gebraten worden, was alle Saftigkeit dieses wohlschmeckenden Süßwasserbewohners bewahrt hatte.
Aber, oh Wunder! Die Haut war weitgehend abgenommen und dekorativ aufgerollt worden. So wünscht man sich das! Dagegen waren frittierter Rosmarin und eine gebackene Zitronenscheibe nicht nur hübsches Beiwerk, sondern auch sinnvolle Aromageber.
Die Kohlrabiwürfel hatten noch etwas Biss und würden zusammen mit Kartoffeln in einer leichten hellen Soße serviert, die durch frische Kräuter Freude machte. Wunderbar hier der genau dosierte Kerbel.
Die Käseauswahl - wie erwartet zimmerwarm mit vollem Aroma - wurde von Walnüssen, halbtrockener Pflaume und angenehm pikantem Aprikosensenf begleitet.
Besonders schön aber das angewärmte, mal nicht zu schwere Früchtebrot.
Der perfekte Abschluss eines Landhausmenüs, bei dem alles stimmte: Gute, frische Produkte der Saison, stimmig kombiniert, handwerklich fehlerlos umgesetzt und ab und an ein kleiner Clou. Was fehlt da für die Höchstbewertung? Nichts! Nach dem E.T.A. Hoffmann und dem Alt-Luxemburg ein weiterer Verlust an traditionell gehobener Küche in Berlin. Hoffen wir auf ein ansprechendes Nachfolge-Konzept! Und noch ist Zeit für einen Abschiedsbesuch...
Herbert Beltle, ein weiteres Urgestein der Berliner Gastronomie zieht sich nach und nach aus dem Geschäft zurück. Die Rotisserie Weingrün betreibt er noch, aber das Aigner am Gendarmenmarkt ist bereits geschlossen. Das Alte Zollhaus wird zum Jahresende an die RUTZ Masterminds Schmidt und Müller übergeben, die schon für nächstes Jahr ein neues Konzept angekündigt haben.
Da bin ich froh, dass ich im März noch einmal am Landwehrkanal vorbei geschaut hatte, denn Ermüdungserscheinungen konnte ich ganz und gar nicht ausmachen.
Als ich um... mehr lesen
Altes Zollhaus
Altes Zollhaus€-€€€Restaurant0306923300Carl-Herz-Ufer 30, 10961 Berlin
5.0 stars -
"Da fällt der Abschied schwer!" DerBorgfelderHerbert Beltle, ein weiteres Urgestein der Berliner Gastronomie zieht sich nach und nach aus dem Geschäft zurück. Die Rotisserie Weingrün betreibt er noch, aber das Aigner am Gendarmenmarkt ist bereits geschlossen. Das Alte Zollhaus wird zum Jahresende an die RUTZ Masterminds Schmidt und Müller übergeben, die schon für nächstes Jahr ein neues Konzept angekündigt haben.
Da bin ich froh, dass ich im März noch einmal am Landwehrkanal vorbei geschaut hatte, denn Ermüdungserscheinungen konnte ich ganz und gar nicht ausmachen.
Als ich um
Geschrieben am 19.10.2019 2019-10-19| Aktualisiert am
19.10.2019
Besucht am 10.04.2019Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 99 EUR
Mist! Kaum habe ich mich durch disziplinierteste Schreibarbeit fast schon an den April und damit an meinen rundum gelungenen Besuch im Marly herangearbeitet, haut der Mannheimer Dauer-Cineast eine Kritik vom Feinsten heraus!
Eine, bei der es vieles zu bestätigen, aber nur wenig zu ergänzen gibt: Höchstens, dass mir die stolzen Berichte Gregor Ruppenthals über sein französisches Anwesen und die dort aufgefundenen kulinarischen Schätze zwar auch aufgefallen waren, ich sie aber meistenteils interessant und charmant fand. Überhaupt hatten wir zwei und der absolut tadellos agierende junge Mann im Service viel Zeit zum Plaudern. War ich doch die längste Zeit einziger Gast, erst am späteren Abend kam noch ein Paar dazu. Grund war, wie schon im Kommentar zu Daueressers Kritik geschrieben, dass eine geschlossene Geburtstagsgesellschaft kurzfristig abgesagt hatte, da man den Jubilar nicht einen Tag zu früh feiern wollte.
So waren nicht nur Zeit und freie Tische reichlich da. Als ich vergessen hatte, ein Apéro zu fotografieren, stand prompt ein weiteres auf dem Tisch.
Alles in allem ein höchst vergnüglicher Abend, bei dem das 4-Gang-Menü mit strammen 79€ zu Buche schlug. Ein Hausaperitif kostete 8€, das Pils deren 4.
Mist! Kaum habe ich mich durch disziplinierteste Schreibarbeit fast schon an den April und damit an meinen rundum gelungenen Besuch im Marly herangearbeitet, haut der Mannheimer Dauer-Cineast eine Kritik vom Feinsten heraus!
Eine, bei der es vieles zu bestätigen, aber nur wenig zu ergänzen gibt: Höchstens, dass mir die stolzen Berichte Gregor Ruppenthals über sein französisches Anwesen und die dort aufgefundenen kulinarischen Schätze zwar auch aufgefallen waren, ich sie aber meistenteils interessant und charmant fand. Überhaupt hatten wir zwei und der... mehr lesen
4.5 stars -
"Man muss auch gönnen können!" DerBorgfelderMist! Kaum habe ich mich durch disziplinierteste Schreibarbeit fast schon an den April und damit an meinen rundum gelungenen Besuch im Marly herangearbeitet, haut der Mannheimer Dauer-Cineast eine Kritik vom Feinsten heraus!
Eine, bei der es vieles zu bestätigen, aber nur wenig zu ergänzen gibt: Höchstens, dass mir die stolzen Berichte Gregor Ruppenthals über sein französisches Anwesen und die dort aufgefundenen kulinarischen Schätze zwar auch aufgefallen waren, ich sie aber meistenteils interessant und charmant fand. Überhaupt hatten wir zwei und der
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Mal schauen, in welche Kategorie das Imperial „by Alexander Herrmann“ fällt.
Spät in Nürnberg eingetroffen war wenig Zeit für lange Fahrten, und ich suchte etwas in Bahnhofsnähe. Im angesagten Italiener C‘era Una Volta bekam man kein Bein an den Boden, aber auf der Königstraße war nach kurzer telefonischer Anfrage ein Platz im sogar „kaiserlichen“ Zweitrestaurant des hoch-telegenen Franken kein Problem. Dazu muss man wissen, dass der für sein (auch hier schon gelobtes) Gourmetrestaurant in Wirsberg inzwischen mit zwei Michelinsternen ausgezeichnete Herrmann im stattlichen Gründerzeithaus gleich zwei Küchen anbietet: Im nordischen Design des Erdgeschosses gibt es beim Selbstbedienungskonzept Fränk’ness unter dem Motto „Fränkisches trifft Streetfood“ gepimpte Burger und ausgefallene Pizza zu fränkischem Bier. Wer‘s mag. Im 1. Stock ein trendiger Lifestyle-Laden in Gold und Weiß und Holz und Bronze und einer auf den ersten Blick recht wilden Mischung aus asiatischen Crossover und regionalen Angeboten. Halt der „kosmopolitische Cool-Dining-Hotspot“ Nürnbergs. Oje - und das ist nur ein winziger Teil des Marketing-Gesülzes der Homepage! Aber wir wissen es alle: Entscheidend ist auf‘m Teller.
Vor Ort in Nürnberg kulinarisch verantwortlich ist Michael Seitz und der bekommt gleich mal ein dickes Extra-Lob. Denn am Ende des Abends setzte sich der Chef zu mir an den Tisch, erklärte die Ideen hinter den Tellern und nahm Kritik interessiert und offen, aber auch genügend selbstbewusst auf. Wir quatschten mindestens eine viertel Stunde, was ja auch immer vom Feierabend abgeht. Für das ausführliche, konstruktive Gespräch einen Extra-Punkt und damit eine leicht überdurchschnittliche Serviceleistung. Ansonsten gab es neben Licht auch einige Schatten. Sehr zu loben ist die Freundlichkeit des Teams, sei es am Telefon, bei Empfang und Begleitung in den ersten Stock oder auch bei der Wahl, ob ich an diesem heißen Sommerabend lieber drinnen oder auf der kleinen Terrasse auf einem Flachdach zwischen den Häusern sitzen wollte. Andererseits bekam ich dort trotz der späten Zeit einen schön gelegenen Tisch nur auf Nachbohren. Das bestellte Wasser wurde vergessen und auch später saß ich längere Zeit vor leeren Gläsern, bis ich genug hatte und mir den Kühler an den Tisch holte. Sonst hätte ich weiterhin recht laut auf mich aufmerksam machen müssen, denn keiner der jungen Menschen im Service suchte den Augenkontakt. Das war richtig auffällig und nervig. Nicht benötigte Gläser wurden nicht etwa ausgehoben, sondern blieben umgekehrt (Außenterrasse) auf dem Tisch stehen. Das zweite Gedeck wurde aber ausgehoben. Das schmutzige Geschirr am Nebentisch wurde während meines Aufenthaltes dafür gar nicht mehr abgeräumt, als die Gäste am späten Abend gegangen waren. Hier fehlte es meiner Meinung nach an der ordnenden Hand einer Restaurantleitung. Aber die befand sich „inkl. Amelie“ in Babypause, wie die sympathische Aufzählung des Teams am Ende der Speisekarte mit einem Zwinker-Smiley verriet.
Leider war der fröhliche Herr, der mich die meiste Zeit bediente, mit der vernünftig zusammen gestellten, aber überraschend kleinen Weinkarte nicht sonderlich vertraut, so dass seine Alternativempfehlungen zu meinen Weinwunsch nicht überzeugten. Immerhin gab es welche. (Letztlich wurde es ein 2015 Ürzinger Würzgarten Spätlese von Markus Molitor; machste eh nix mit falsch und schien mir ganz gut zu meiner eher asiatischen Auswahl zu passen. Wird gerade für über 20€ im Netz angeboten, da war ich mit den aufgerufenen 49€ zufrieden.)
Insgesamt empfand ich den Service als engagiert, aber mehr als lässig, nämlich nachlässig.
Deutlich aktiver war das Personal dabei, mir (und an anderen Tischen ebenfalls) als Aperitif Champagner anzu...bieten und auch, zusätzliche add-ons aus der ein wenig nach dem Baukastenprinzip aufgebauten Karte zu verkaufen. Hier scheint es eine deutliche Erwartung des Managements gegeben zu haben, so jedenfalls mein Eindruck. Aber unangenehm drängend wurde es auch nicht.
Ich schaute mich derweil etwas auf der von großen Ruinart-Sonnenschirmen geschützten Terrasse um. Trotz der recht heimeligen Lage mit einigen Blumen auf dem Nachbardach
und einem schmalen Blick zur Königstraße war mein Gefühl ein wenig zwiespältig. Mag an den umliegenden Fenstern gelegen haben oder am glatten hellen Steinfußboden mit dunklem, zweckmäßigem Mobiliar.
Bösartig könnte man sagen, was man halt so in Nürnberg (oder der deutschen Provinz allgemein) für kosmopolitischen Flair hält. Aber das kann ich gar nicht beurteilen und sowas schreibt der Tibeter ja auch nicht...
Richtig gemütlich fand ich es jedenfalls nicht und trendy erst recht nicht. Geschmacksache und daher neutrale drei Sterne.
Optisch ansprechend die Speisekarte, die ganz auf Alexander Herrmann setzt und in Form eines Fotoalbums
gestaltet ist und mit vielen Bildern aus Kinder-, Jugend- und Lehrjahren aufwartet. Ein wenig Personenkult, aber eben auch etwas anderes und unterhaltsam.
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit orderte ich nur ein kleines Nachtmahl:
- Fingerfood-Starter (12€)
- 4 pochierte Austern (je 2 für 10€)
- „Peking-Ente“ mit Pfifferlingen und Melone (37€)
- 2erlei Käse (10€)
Zu den Preisen ist positiv zu bemerken, dass meine Auswahl mit Ausnahme des Hauptganges so „eigentlich“ nur als zusätzliche Gänge im Rahmen eines Menüs bepreist war. Aber überhaupt kein Problem, diese wohl kleineren Portionen auch einzeln zu bestellen. Insgesamt ein prima PLV, das bei 4,25 liegt; ich runde in noch festtäglicher Stimmung natürlich auf.
(Zeitsprung ins Jahr 2014: Hätten wir uns damals für - ich meine - Yumee entschieden, hätte es einen Schieberegler gegeben, den ich auf 85% eingestellt hätte. Aber wer weiß, ob es diese schöne Community dann überhaupt noch gäbe. Ich schau gerade Dark auf Netflix...).
Zurück ins Jetzt, ergo den Hochsommer 2019:
Den Auftakt machte, auf heißen Steinen serviert, ein kleines fluffiges Sauerteigbrot, das mir vom Teig wie vom Geschmack zu „luftig“ war. Mit der dazu gereichten Kaviarbutter geschmacklich dann ganz gut.
Das Fingerfood bestand aus drei Teilen:
Roh marinierter Saibling als Tatar und als crunchy nigiri und Tataki vom Roastbeef (Ist das nicht „doppelt gemoppelt“?) ebenfalls als Auflage für den knusprigen japanischen Reisriegel.
Das Tatar wohl nach Art der Sous-Chefin „Josy“ war leicht geflämmt, hatte Knack durch Radi, Wasabi-Schärfe und nicht zu überbordende Säure aus einem Fruchtessig-Schaum. Alles stimmig und spannend.
Die nigiri konnten leider nicht mithalten. Durch das Rind
zog sich eine unangenehme Sehne und am Gaumen war eine sehr süße Note federführend, sodass ich die Schärfe des angekündigten Ingwers um so deutlicher vermisste.
Zum Saibling waren Meerrettich-Crème und eine Sauce wohl auf Sojabasis zwar etwas erwartbar, aber natürlich stimmig.
Leider war der gepuffte Reis, der der eigentliche Clou der beiden nigiri sein sollte, nicht knusprig, sondern schlicht hart. Schwer zu kauen und dann noch klebrig in den Zähnen. Sehr schade, aber das war kein Genuss.
Weiter ging es mit den Austern.
Große Tsarkayas, schön fleischig, sanft pochiert und nicht zu fest, am Gaumen nicht zu salzig. Dazu wurde eine milde Vinaigrette erfreulicherweise im Extra-Kännchen serviert, so dass man selbst dosieren konnte.
Das war schon lecker.
Jetzt war auch ein Gläschen Champagner (Hausmarke, vermutlich Ruinart, s.o.) für 16€/0,15l genehm, der schon etwas lange offen, aber nicht wirklich zu bemängeln war. Trotzdem wurde nach meiner zurückhaltenden Reaktion eine neue Flasche geöffnet. Das war wiederum eine schöne Geste.
Der asiatisch-fränkische Hauptgang versprach so einiges: Auf der Haut kross gebratene Pekingentenbrust, süß-sauer eingelegte Pfifferlinge, Gewürzmajonäse, geflämmte Honigmelone.
Das klang doch nach einem äußerst interessanten Aromenspiel. Die kräftigen Tranchen waren rosa gebraten und die Haut war in der Tat knusprig,
soweit sehr gut. Leider keine asiatische Gewürzwelt, die auch die Majo nicht wirklich beisteuern konnte. Gut dagegen die kräftige Röstnote der Melone, die ich eher für eine Charentais hielt. Ein Totalausfall dagegen die Pilze. Eine süß-saure Note war kaum auszumachen. Zudem waren die Schwammerl höchstens lauwarm beim Servieren und kühlten schnell aus.
Gemessen an den Erwartungen war der Teller zwar nicht enttäuschend, aber doch unter den Möglichkeiten.
Zum Abschluss gab es (nicht völlig überraschend) statt Dessert verarbeiteten Käse: Alter Oberfälzer, ein Hartkäse, als Schaum, krosser Chip und Natur mit altem Balsamico. Abwechslungsreich und kräftig - ein guter Käsegang. Der Ziegenfrischkäse blieb auch mit Thymian und Himbeer-Texturen etwas blass. Trotzdem ein versöhnlicher Abschluss, den ich jederzeit wieder bestellen würde.
Leider war über der Frankenmetropole endgültig die Dunkelheit herein gebrochen und das einsame Windlicht auf dem Tisch ermöglichte noch so gerade eine risikofreie Nahrungsaufnahme. Aber beileibe keine vorzeigbaren Fotos mehr.
Bleibt das Fazit:
Das Imperial bietet durchaus engagierte Küche mit aktuell trendigem Asia-Twist. Also keine Schaumschlägerei, die sich nur auf den bekannten Namen verlässt. Die vollmundigen Ankündigungen der Homepage werden aber deutlich gerissen. Dazu agierte auch die Küche bei meinem Besuch mit zu vielen vermeidbaren Nachlässigkeiten. Daran sollten Alexander Herrmann und Michael Seitz arbeiten, denn Nürnberg hat gleich eine ganze Reihe von anspruchsvollen Restaurants, die noch deutlich die Nase vorn haben.